Schwerbehindert - was der Ausweis bringt
Als "Behinderung" im Sinne des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) gilt "die Auswirkung einer nicht nur vorbergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwiedrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht". Die "Auswirkungen" der Funktionsbeeinträchtigungen werden als Grade der Behinderung (GdB), nach Zehnergraden abgestuft, vom Versorgungsamt (Amt für Versorgung und Familienförderung) festgestellt.
Bei bestimmten schweren Behinderungen können zusätzlich Behinderungs- Merkzeichen (Nachteilsausgleiche) beantragt bzw. zuerkannt werden. Folgende Merkzeichen (Mz) - für Details siehe Fachliteratur [1,2] - können beantragt werden:
G = erhebliche Gehbehinderung
B = Notwendigkeit ständiger Begleitung (bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel),
aG = außergewöhnliche Gehbehinderung - nur bei allerschwersten Beeinträchtigungen der Mobilität,
H = Hilflosigkeit (dauernde Hilfsbedürftigkeit in erheblichem Umfang bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens),
RF = Befreiung von Rundfunk- und Fernsehgebühren (wenn Personen dauerhaft an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen können),
Bl = Blindheit.
"Schwerbehinderte" sind (deutsche oder fremdländische) Personen mit einem GdB von mindestens 50, sofern sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes (=BRD, aber auch Botschaftsgelände in fremden Staaten) haben.
"Gleichgestellte" sind Personen mit einem GdB von mindestens 30, die auf Antrag vom Arbeitsamt den Schwerbehinderten (in einzelnen Aspekten) gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.
Antragstellung und Begutachtung:
Die Antragstellung erfolgt durch den Behinderten selbst, alternativ durch eine von ihm bevollmchtigte Person. Dafür liegen Formulare bei den Versorgungsämtern aus. In diese Formulare sind neben den Personalien einzutragen:
- die Leiden, die "behindernde" Auswirkungen haben,
- die behandelnden Ärzte, Krankenanstalten und Reha-Kliniken.
Mit der Unterzeichnung des Antrages erklärt sich der Antragsteller damit einverstanden, daß das Versorgungsamt die erforderlichen Auskünfte (Arztbericht, Facharzt-Befunde, Krankenhaus- und Reha-Berichte) einholt. Einverständniserklärungen müssen bzw. brauchen deshalb vom Arzt nicht gefordert werden; sie liegen vor, wenn das Versorgungsamt die Ärzte oder Kliniken wegen der Berichte anschreibt. Für jedes einzelne Leiden wird anhand der "Anhaltspunkte für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (handliche Auszüge über die Geschäftsstellen des VdK oder die Hauptfürsorgestellen erhältlich) der zustehende Einzel-GdB festgestellt, und auf der Basis der Einzel-GdBs wird in einer medizinischen Gesamtwürdigung der Gesamt-GdB festgelegt. Über 90% der Beurteilungen basieren auf der zur Verfügung gestellten "Aktenlage". Über den Gesamt-GdB, die festgestellten Behinderungen und die zuerkannten Nachteilsausgleiche erhält der Antragsteller einen Bescheid. Gegen diesen Bescheid kann Widerspruch, gegebenenfalls auch Klage, vor dem zuständigen Sozialgericht eingelegt werden.
Zu erwartende Vergünstigungen
1. Steuerminderung durch feste Pauschbeträge
2. Kündigungsschutz. Nach Ablauf von sechs Monaten ist eine Kündigung nur mit Zustimmung der Hauptfürsorgestellen möglich. Allerdings: dieser Kündigungsschutz ist bei weitem nicht "absolut". Der Kündigungsschutz gilt auch fr die (diesbezglich) "Gleichgestellten", die jedoch keinen Anspruch auf das vorgezogene Altersruhegeld und den zusätzlichen Jahresurlaub haben.
Achtung: Ist der Schwerbehinderte arbeitslos und sucht eine neue Ttigkeit, ist er hinsichtlich des Vorliegens von Schwerbehinderung dem neuen Arbeitgeber gegenber auskunftspflichtig (!), da nicht alle Arbeiten von Schwerbehinderten erbracht werden dürfen und weil dadurch für den Arbeitgeber die Zahlung der Ausgleichsabgabe entfällt.
Die Anerkennung als Schwerbehinderter stellt eine erhebliche Barriere am Arbeitsmarkt dar. Eine Beantragung bedarf sehr genauer Abwägung. Einfache Rückgabe des Bescheids (oder ähnliches) ist nicht möglich.
3. Zusätzlicher Jahresurlaub. Schwerbehinderte haben Anspruch auf fünf zusätzliche Urlaubstage.